Kanon der Friedens-Weltliteratur IV, oder: Einmal im Krieg, verloren für das Leben+++++++++++Canon of Peace-Worldliterature IV, or: Once in the war you are lost for life

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Nachdem Sergej mich gestreichelt hatte faßten auch die Mädchen Zutrauen zu dem Soldaten und reichten ihm ein paar ihrer verkohlten Kartoffeln. Er stopfte sie sich in den Mund mitsamt der schwarzen Schale, und ich hoffte er würde nicht ersticken. Daryna die immer noch nicht viel sprach lief in Kreisen um uns herum, wie eine Medizinfrau aus Südamerika, die energetische Schutzwälle um ihre Patienten baut. Ich persönlich denke es war ihr einfach alles zuviel, und um nicht an dem Streßcocktail verrückt zu werden, den ihr Körper produzierte, versuchte sie ihn mit körperlicher Betätigung abzubauen.

Tatsächlich schien es dem jungen Soldaten auch nicht viel besser zu gehen. Total traumatisiert saß er unter dem Baum und wir mußten ihn irgendwie in Gang bringen, sonst würde er erfrieren. Total kataton stierte er vor sich hin, während Yekatherina am nahen Fluß Wasser holte. Als sie mit einer Blechdose voller Wasser zurückkam schrie sie laut -Hey!-. Zum einen um durch Darynas immer engere Kreise schlüpfen zu können ohne mit ihr zu kollidieren, zum anderen, um den Soldaten aus seiner Starre zu werfen, damit er das Wasser trank.

-Es ist verrückt- dachte Oblomov -da sprechen sie die gleiche Sprache, gehören der gleichen Generation, der gleichen Kultur an, wachsen miteinander auf, bis auf einmal ein paar ältere, von Demenz umwehte Herren beschließen, -ab heute bringt ihr euch um!-.

Und drei Verlierer aus dieser neuen Generation standen, saßen, oder liefen vor mir herum, an Geist und Seele verletzt, und meine Aufgabe war es, sie in Sicherheit zu bringen.

Leichter gesagt als getan!

Ich kratzte an Nazars schweren Stiefeln und maunzte. Dann lief ich ein paar Meter weit weg, Immer wieder und wieder.

Irgendwann wurde es Yekatherina zu bunt, sie klatschte in die Hände und sagte auf russisch, – Los wir müssen weiter sonst erfrieren wir!- und brav folgten alle.

Und während sie über das Land gingen, das einst ihrer aller Heimat war, rezitierte Sergej Pauls Gedanken aus dem Roman im -Westen nichts Neues-, als ob er sie alle überzeugen müßte, nicht ihr Leben, ihre Zukunft, ihre Seele in einem weiteren, irrsinnigen Krieg zu verlieren.

-Ich bin jung, ich bin zwanzig Jahre alt; aber ich kenne vom Leben nichts anderes als die Verzweiflung, den Tod, die Angst und die Verkettung sinnlosester Oberflächlichkeiten mit einem Abgrund des Leidens. Ich sehe daß Völker gegeneinander getrieben werden und sich schweigend, unwissend, töricht, gehorsam, unschuldig töten. Ich sehe, daß die klügsten Gehirne der Welt Waffen und Worte erfinden, um das alles noch raffinierter und länger dauernder zu machen. Und mit mir sehen das alle Menschen meines Alters, hier und drüben, in der ganzen Welt, mit mir erlebt das meine Generation. Was werden unsere Väter tun, wenn wir einmal aufstehen und vor sie hintreten und Rechenschaft fordern? Was erwarten sie von uns wenn eine Zeit kommt wo kein Krieg ist?- .

Nazar zitiert immer weiter aus dem Roman und ich, Oblomov der vormals faule Kater, hoffe und flehe, daß er sich nicht aufgibt, genausowenig wie Yekatherina oder Daryna. Meine kleine Truppe soll und muß leben. Auch wenn sich der Verlust, die Angst der Irrsinn des Krieges tief in ihnen festsetzen würde, wie eine unbemerkte Infektion, unter einer Narbe, jederzeit bereit, heiß und schmerzend den ganzen Organismus zu zerstören.

Doch es bestand auch die kleine Chance, daß sie heilten, ganz wurden, unter den sorgsamen Augen eines Wesens, das größer und liebevoller war als der Mensch. Und sie mußten ihre Geschichte erzählen, dass sie nur miteinander überleben konnten, denn alleine würden sie sterben. Nur wenn sie nicht verstummten, die Stimmen gegen das Morden, dann würde es vielleicht doch einmal aufhören.

1 Kommentar zu „Kanon der Friedens-Weltliteratur IV, oder: Einmal im Krieg, verloren für das Leben+++++++++++Canon of Peace-Worldliterature IV, or: Once in the war you are lost for life

  1. What a very necessary and thought provoking and ending to this chapter.

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